AIDS-Memorial München:
Im Wandel der Zeit
Die Idee zum
Münchner AIDS-Memorial
Auszug und Fotos aus der AIDS Memorial Broschüre 2002:
Die Säule ist die älteste und am weitesten verbreitete Form des Denkmals. Sie ist Abstraktion der menschlichen Figur und eine symbolische Verbindung zwischen Himmel und Erde. Dieser klassischen Rolle will sich die Säule, die Wolfgang Tillmans für das Münchner AIDS-Memorial gewählt hat, nicht entziehen. Doch verbindet sich deren traditionelle Symbolik mit einer Ästhethik des Alltäglichen.
AIDS ist unerwartet und ungewollt zu einem Teil unserer Gesellschaft geworden. Dieser unbequemen Tatsache stellt sich de Entwurf von Wolfgang Tillmans auf sinnfällige Weise. Sein Konzept besteht aus einer schlichten Geste. Er holt eine der blau verkachelten Säulen aus dem Tiefgeschoß der U-Bahnstation als genaue Replik ans Tageslicht und stellt sie auf dem darüberliegenden Sendlingertorplatz auf. Zwei kleine die Säulen flankierenden Sitzbänke verleihen der vorher kaum beachteten architektonischen Stütze die Ausstrahlung des Besonderen und definieren unaufdringlich einen Ort des Nachdenkens.
Fast scheint es, als könne die einzelne Säule des AIDS-Memorials auch ihre Geschwistersäulen in der U-Bahnebene aktivieren und ihre Botschaft von einem zentralen Verkehrsknotenpunkt Münchens aus in die weitere Umgebung der Stadt transportieren.
Von 1981 bis heute...
Als das AIDS-Memorial 2002 am Sendlinger Tor eingeweiht wurde, gab es erste HIV-Therapiemöglichkeiten, die damals jedoch noch mit schweren Nebenwirkungen einhergingen. Die Erinnerungen an die Toten der HIV-Pandemie waren noch sehr präsent. Das Memorial ist den Toten gewidmet, aber auch den Infizierten, deren Freunden und ihren Familien ... von 1981 bis heute. Heute ist jetzt!
Seit 2002 hat sich die HIV-Therapie enorm weiterentwickelt, aber auch die Prävention. HIV-Tests sind alltäglich geworden, die Nebenwirkungen einer Therapie haben sich sehr reduziert, es gibt Depotspritzen, man kann sich durch eine Präexpositionsprophylaxe (PrEP) vor einer Infektion schützen, Wir wissen, dass Infizierte Menschen unter wirksamer Therapie das Virus nicht mehr weitergeben können. Das Memorial ruft jedoch heute noch auf, an die lebenden Infizierten und an die Verstorbenen zu denken.
Auch das Memorial hat sich in den letzten 22 Jahren verändert. Der Platz wurde inzwischen umgestaltet. Die ursprüngliche Fortsetzung des Memorials in den Untergrund der U-Bahn ist im Zwischengeschoss verschwunden und nur noch im Untergeschoss am Bahnsteig vorhanden. Ist der ursprüngliche Sinn des Memorials nun zerstört oder hat es sich weiterentwickelt?
Folgt man dem Künstler Wolfgang Tillmans, der die Säule als Sinnbild der menschlichen Figur versteht, die eine Verbindung schafft zwischen vielen Säulen im Untergrund hin zum Himmel zu den verstorbenen Opfern der HIV-Pandemie, dann symbolisiert das, dass viele Infizierte nicht mehr unterhalb der Oberfläche unsichtbar leben, sondern mit HIV ganz alltäglich in unserer Mitte. Wenn wir als Selbsthilfe neben der Säule stehen, gedenken wir der Toten (zum Beispiel jährlich am 1. Dezember zum weltweiten Welt-AIDS-Tag), sind aber als HIV- Infizierte sichtbar unter unseren Mitmenschen. Wir tragen diese Botschaft von der Welt-AIDS-Konferenz (https://www.iasociety.org/conferences/aids2024) , die von 20.07. bis 26.07.2024 auf dem Messegelände am Münchner Stadtrand stattfindet, in das Zentrum Münchens hinein und von dort überall hin.
Heute ist jetzt!
Uns als Münchner und Deutscher Selbsthilfe ist es äußerst wichtig, im Rahmen der Welt-AIDS- Konferenz 2024 in München an HIV und AIDS zu erinnern und die Bedeutung des AIDS-Memorials erlebbar zu machen.
Der Künstler:
WolfgangTillmans
Wolfgang Tillmans (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Tillmans) ist einer der bedeutendsten deutschen Gegenwartskünstler. Das Interview von 2002 über die Bedeutung des Kunstwerkes gibt es hier als Download:
Leben mit HIV heute
In Deutschland leben (Ende 2021) 90.800 Menschen mit HIV.
8.600 Menschen war ihre Infektion nicht bekannt (Hochrechnung).
Neuinfiziert haben sich 2021 in Deutschland 1.800 Menschen.
Bei 96% der Infizierten ist aufgrund der Therapie HIV nicht mehr nachweisbar und somit nicht übertragbar (n=n).
Weltweit leben 39.000.000 Menschen mit HIV.
Gedenkorte:
International
USA: New York, L.A., Canada: Montreal, UK: London, Südafrika: Kapstadt, Ukraine: Kiev, Russland: Orenburg, Österreich: Wien, Spanien: Madrid, Schottland: Edinburg, Uganda: Mukono,Australien: Sydney, Madagaskar: Antananarivo, China: Hongkong, Israel: Lahav, Thailand: LopBuri, Nonthaburi, Letland: Riga, Surinam: Nieuw Nickerie, Brasilien: Tabatinga, Argentinien: Goya, ...
Wir sind dem "Projekt Information e.V." angegliedert, einem Verein mit dem Motto "Betroffene informieren Betroffene". Dazu gehören Engagierte aus dem Bereich Medizin, Recht, Soziologie und Psychologie.
Wir sind vertreten im Bundesnetzwerk: