DJ Johnswood

Neben unserem langjährigem Resident - DJ Gerhard ist DJ Johnswood .ein Neuzugang für unsere Thekencrew. Warum er sich als Negativer für die Positive Theke engagiert, lest ihr hier.


Jeden Freitag, ab 19 Uhr, steht das Team der Münchner Positiven, dem Netzwerk für HIV-Positive und FreundInnen, ehrenamtlich hinter der Theke des SUB München. Ab und an  musikalisch unterstützt von DJ Johnswood. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich der Kanada-Schweizer Oliver Al Liebl, Medienmanager und auch PrEP-Aktivist der ersten Stunde in den USA und auch PrEP-Berater im SUB. Warum er ganz bewusst als Negativer für die Positive Theke auflegt:

 

Oliver, wie bist Du überhaupt DJ geworden?

 

Das hat sich ganz organisch ergeben. Als Kind habe ich viel Zeit in professionellen Musikstudios verbracht, weil mein Vater damals für ein Musik-Label arbeitete und ich ihn bei Studioaufnahmen begleiten durfte. Später war ich DJ und Moderator für verschiedene Radiostationen in der Schweiz und wurde seither immer wieder für private Events angefragt, tue das aber sehr im bescheidenen Rahmen als Hobby sofern es meine Zeit erlaubt.

 

Seit einiger Zeit legst Du bei der Positiven Theke im SUB auf. Wie kam es dazu?

 

Ich wurde vom Netzwerk Münchner Positive gefragt, ob ich kurzfristig einspringen könnte, was ich gerne getan habe. Spannend war für mich eher, was danach passiert ist: Der Eine oder Andere erkannte mich aus früheren TV-Zeiten und sprach mich darauf an, dass sie das ganz schön mutig und auch gefährlich fänden, dass ich heute dazu stehen würde positiv zu sein. Sie gingen voreingenommen und fälschlicherweise automatisch davon aus, dass ich Positiv bin und machten deutlich, wie sehr sie das als Manko empfanden. Das hat mich irritiert. Und auf Dating-Apps wurde ich als Virenschleuder beschimpft, nur weil sie mich an den Reglern der Positiven Theke gesehen haben. Mit solchen Reaktionen hätte ich heutzutage nicht gerechnet. Davon abgesehen ist das Netzwerk Münchner Positive auch bestehend aus ihren FreundInnen, völlig statusunabhängig. Für mich war in dieser Situation völlig unvermittelt als Negativer erlebbar in welche Schublade Positive noch heute gesteckt werden – nicht nur, aber auch und besonders aus der Community, die es ja besser wissen sollte. Das zeigt wie sehr Eure Arbeit notwendig bleibt und dabei unterstütze ich das Netzwerk weiterhin gerne.

 

Wenn Du an der Positiven Theke auflegst, was für ein Set werden wir zu hören bekommen?

 

Sofern ich nicht für bestimmte Richtungen gebucht werde gehe ich immer stark auf die aktuelle Stimmung des Publikums ein. Natürlich habe ich meine zahlreichen Signature Songs und beginne gerne mit Mixes der 80er bis heute und dann mal sehen, inwiefern die Wiesn-Vorfreude nach Zünftigem verlangt. Es wird divers wie die Community.

 

Neu ist die PrEP ist Deutschland als Kassenleistung zugelassen. Du warst 2014 und 2015 in Los Angeles und dort ehrenamtlich als PrEP-Berater und Aktivist tätig. Wie fühlt es sich für Dich an, dass dieser Meilenstein nun auch in Deutschland erreicht wurde?

 

Natürlich klasse, aber auch surreal, denn ich habe die Diskussionen in beiden Ländern sehr unterschiedlich wahrgenommen. In den USA konnte, so mein Eindruck, trotz der enormen Widerstände erzkonservativer Kreise zügig über die finanzielle Argumentation viel erreicht werden: PrEP wirkt, verhindert Neuansteckungen, ergo weniger Gesundheitskosten – und so hat sich letztlich die finanzielle und gesundheitliche Logik gegenüber den moralischen Aspekten durchgesetzt. Das amerikanische Gesundheitssystem ist aber nicht liberaler, nur maximal gewinnorientiert und dass die geringeren PrEP-Kosten im Vergleich zu einer HIV-Behandlung community-freundlich vermarktet werden konnten, nahm man gerne mit, teils sogar zähneknirschend. Diese Doppelmoral kann man kritisieren, sie ist bei der PrEP-Diskussion aber irgendwann jener Logik gefolgt wie so vieles im Neoliberalismus der USA: was sich rechnet ist immer gut. Das ist nicht meine persönliche Meinung, aber diese Haltung ist mir bei der dortigen PrEP-Diskussion immer wieder begegnet. Im Vergleich dazu war hierzulande das Thema enorm moralisch aufgeladen, obwohl alle Statistiken und Studien zu dem Zeitpunkt noch deutlicher waren als zu Beginn der PrEP-Diskussion in den USA. Jetzt soll die Deutsche Solidargemeinschaft auch noch für den privaten Spaß der Community zahlen, war eines der Gegenargumente. Mich erinnerte die PrEP-Diskussion sehr an jene damals bei der Pille. Für mich ist es schön zu erleben, dass das Engagement der ganzen PrEP-Community geholfen hat das Ziel zu erreichen.

 

Dennoch bist Du noch immer ehrenamtlicher PrEP-Berater, z.B. im SUB. Ist das überhaupt noch notwendig? 

 

Notwendiger denn je. Die Themen waren anfangs eher technischer Natur: wie funktioniert die PrEP? Wie sicher ist sie? Wie bekomme ich sie überhaupt? Viel tiefer gehen aber die Gespräche darüber hinaus: Reifere Jahrgänge haben durch AIDS Freunde und Partner verloren, Kondome waren der einzige Millimeter dazwischen der davor schützte. Auch die Prävention ging diesen Weg: Kondom oder Tod. Es entstanden so aber auch Tabus, die irgendwann nach einer Alternative riefen: der Wunsch jemanden zu spüren, die Sexualität ohne Ängste erleben zu können, mehr Nähe, über einen längeren Zeitrum sich entwickelnde Erektionsprobleme, weil man es ohne besser erlebte. In den PrEP-Beratungen beobachte ich: Für nicht Wenige ist PrEP ein Befreiungsschlag, für Andere schlicht eine weitere Option unter vielen,  siehe Safer Sex 3.0. Und noch immer sind moralische Themen tief verwurzelt, nach dem Motto: darf ich das? Was bedeutet diese neue Freiheit für mich und meine Sexualität? Da kommen neue Themenfelder auf, gerade weil Sex durch die PrEP nochmals freier geworden ist, aber auch mehr Eigenverantwortung für und Klarheit über sich selbst erfordert.  

 

Mehr über Oliver hier: https://imdb.com/name/nm6825916/